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Sozialhilfequote 2021 leicht gesunken

265'100 Personen haben in der Schweiz im Jahr 2021 mindestens einmal Sozialhilfe bezogen. Die Sozialhilfequote sank um 0,1 auf 3,1 Prozent. Das ist eine Folge der Corona-Massnahmen und der 2021 rasch einsetzenden wirtschaftlichen Erholung. Am stärksten betroffen sind laut Bundesamt für Statistik Kinder und Jugendliche.

(Urs Fitze) Jeder 20. Minderjährige in der Schweiz war im Jahr zumindest zeitweise von der Sozialhilfe abhängig, wie das Bundesamt für Statistik in einer Analyse zu Sozialhilfebeziehenden in der Schweiz im Jahr 2021 ausgerechnet hat. Damit erreichen junge Menschen unter 18 Jahren mit einem Anteil von fünf Prozent die höchste Sozialhilfequote der Schweizer Bevölkerung. Dies liege primär daran, dass Familienhaushalte häufiger auf die Unterstützung durch die Sozialämter angewiesen sind als kinderlose Haushalte. So liegt diese Quote bei Haushalten mit Alleinerziehenden bei knapp über 20 Prozent. Es gibt weitere Risikofaktoren. So liegt die Sozialhilfequote bei Ausländerinnen und Ausländer bei 6,1 Prozent, bei Schweizerinnen und Schweizerinnen sind es deren zwei. Auch Scheidungen können in die Armut führen. 4,8 Prozent aller Geschiedenen waren 2021 auf Sozialhilfe angewiesen. Fast die Hälfte der Sozialhilfebeziehenden hat nur einen obligatorischen Schulabschluss, 43,5 Prozent haben eine Berufsausbildung. In der Gesamtbevölkerung liegen die entsprechenden Anteile bei 15 beziehungsweise 40,8 Prozent. Das lässt erahnen, wo am meisten anzusetzen wäre, um Menschen zu befähigen, ein finanziell eigenständiges Leben zu führen: die «nachobligatorische Schulausbildung», wie es im Jargon der Statistiker heisst. Statistisch nicht erfassen lässt sich, inwieweit Niedriglöhne eine Rolle spielen. Die Zahl der «Working Poor», also Menschen, die auch mit einer Beschäftigung ihre Kosten für den Lebensunterhalt nicht decken können, lag laut einer Erhebung des BfS aus dem Jahr 2020 bei 158'000.

Bezogen auf die gesamte Bevölkerung sank die Sozialhilfequote 2021 um 0,1 auf 3,1 Prozent. Damit waren 6'900 Personen weniger auf Sozialhilfe angewiesen als im Vorjahr. Dieser Wert schwankte in den Jahre 2005 bis 2021 zwischen 3,0 und 3,3 Prozent, letztmals lag er 2017 so hoch. Die absoluten Zahlen spiegeln das Bevölkerungswachstum. So wurde die Schwelle von 250'000 Personen im Jahr 2012 erstmals überschritten und stieg danach konstant für mehrere Jahr an, um ab 2018 wieder zu sinken. Insgesamt darf man von einer Sozialhilfequote sprechen, die über die vergangenen zwei Jahrzehnten trotz grosser wirtschaftlicher Verwerfungen erstaunlich konstant blieb. So hat die Covid 19-Pandemie, entgegen grosser Befürchtungen etwa der Sozialhilfekonferenz, das Sozialhilferisiko der gesamten Bevölkerung und auch der Risikogruppen kaum tangiert. So wurden 2021 39'000 neue Sozialhilfedossiers eröffnet. Es war der niedrigste Wert der letzten zehn Jahre. Diese Entwicklung sei «im Lichte «der Erholung des Arbeitsmarktes im Jahr 2021 und der im gleichen Jahr weiterhin wirksamen Massnahmen zur Eindämmung der Auswirkungen der Covid 19-Pandemie zu sehen». So sind die Arbeitslosenquoten schon um Mitte 2021 wieder auf das Niveau vor der Pandemie gefallen, während von der öffentlichen Hand Kurzarbeitsentschädigungen, zusätzliche Taggelder und Entschädigungen bei Erwerbsausfällen noch verlängert worden waren.

Ob es dabei bleibt, ist mehr als ungewiss. Der sich abzeichnende Abschwung für zumindest die ersten Monate dieses Jahres lassen eher eine gegenteilige Entwicklung befürchten. Denn daran dürfte sich nichts geändert haben: die Armutsquote in der Schweiz lag 2020 bei 8,5 Prozent. 1,308 Millionen Personen galten als armutsgefährdet, rund 363'000 müssen ihr Leben materiell erheblich einschränken.

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